Die Krux mit dem positiven Denken

Veröffentlicht am 3. Januar 2023 um 13:08

Auf Instagram habe ich vorgeschlagen, sich einmal in der Woche etwas zu notieren, dass einem Freude bereitete. Am Ende vom Jahr kann man sich dann durch die Zettelchen lesen und die Momente nochmals in Gedanken aufleben lassen. Dieser Art von „positivem Denken“ möchte ich noch ein paar Worte hinzufügen.  Positives Denken ist ein arg malträtierter Begriff. „Man muss das Positive sehen“, höre ich immer wieder von Klienten und Klientinnen. Bei solchen Aussagen sträuben sich immer alle meine Nackenhaare.  Ich soll mich von etwas überzeugen, dass ich weder glaube noch fühle? Mittlerweile gibt es sogar wissenschaftliche Hinweise dafür, dass solches Verhalten – schlechte Gefühle unterdrücken - krank machen kann (Mund und Mitte, 2012).

Nun mag man sich fragen, wie man das Dilemma lösen soll. Ich plädiere dafür, die negativen Gefühle genau so wahrzunehmen wie die positiven. Allerdings neigen Menschen dazu, sich verstärkt auf alles zu fokussieren, was nicht gut läuft (Baumeister, Bratslavsky, Finkenauer und Vohs, 2001). Dafür gibt es sogar einen Begriff: „negativity bias“. Der Negativitätseffekt oder die Negativitätsdominanz. Wir sind oftmals sehr kritisch mit uns (und unserem Umfeld). Selbst wenn vieles gelingt, sehen wir vor allem die 10%, die schief gelaufen sind. Das ist nicht falsch. Aber es ist wichtig, dass wir auch die 90% wertschätzen, die gelungen sind. In diesem Sinne wünsche ich allen viele schöne Momente, die Freude machen. Nicht um das Negative abzustreiten sind Glücksmomente gedacht, sondern um dem Negativitätseffekt etwas entgegenzuhalten. Wenn  wir also freudige, schöne Momente aufschreiben, bleiben sie besser in Erinnerung. Sie helfen uns, den Negativitätseffekt zu reduzieren, in dem nebst der Waagschale mit den schwierigen Ereignissen auch die Schale mit den schönen Momenten gefüllt wird.

 

References:

Mund, M., & Mitte, K. (2012). The costs of repression: A meta-analysis on the relation between repressive coping and somatic diseases. Health Psychology, 31(5), 640–649. https://doi.org/10.1037/a0026257

Baumeister, R. F., Bratslavsky, E., Finkenauer, C., & Vohs, K. D. (2001). Bad is Stronger than Good. Review of General Psychology, 5(4), 323–370. https://doi.org/10.1037/1089-2680.5.4.323

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